Wer mich kennt, weiß, dass ich Kameras mag, die bei der Masse der Benutzer nicht besonders gut ankommen. Mit der EOS M3 hat sich Canon wieder mal auf den europäischen Markt gewagt, nachdem die M2 hier nicht verkauft wurde. Also endlich mal wieder eine M, die man genauer unter die Lupe nehmen kann. Vom Äußeren hat sich viel verändert und auch die inneren Werte sind vom Update nicht unberührt geblieben. Was taugen die Neuerungen und wo sind der neuen M3 immer noch Grenzen gesetzt?
Vorwort
Ich habe schon die M Classic (oder M1 oder wie auch immer man sie nennen mag …) sehr gerne benutzt, obwohl ihr nachgesagt wurde, dass ihr Autofokus für die Tonne ist. War und blieb trotz großem Firmware Update auch so, aber ich mochte sie, weil sie die Möglichkeit bot, alle Canon EF und EF-S Objektive mit Adaptern inkl. Autofokus zu verwenden. Außerdem war es Canons erste spiegellose Systemkamera und im Vergleich zu Nikons „1“, bot sie schon damals mehr Möglichkeiten. Natürlich hatte sie zu den oben genannten Schwächen beim Autofokus noch ganz andere „Probleme“. Das Design war eher an eine Powershot angelehnt und man hat sich gefühlt wie mit einer kleinen Kompaktkamera. Dass es keine Möglichkeit gab einen elektronischen Sucher zu verwenden, hat das ganze dann noch auf die Spitze getrieben. Aber hey … sie hatte ihre eigenen Qualitäten: ein haptisch super verarbeitetes Gehäuse, einen Touchscreen, der sinnvoll funktionierte und einfach einen gewissen Charme, den viele erste Kameraserien auf mich haben (Beispiel: die Olympus Pen E-P1).
Es gab also genug Gründe für Canon, sich hinzusetzen und die EOS M3 auf einen anderen Weg zu bringen. Weg vom Kompaktkamera-Image, hin zu einer Kamera, die mehr mit einer EOS DSLR gemeinsam hat. Und Canon hat nach drei Jahren des Sitzens mit der M3 wirklich viel verändert. Aber eins nach dem anderen.
Lieferumfang
Im Lieferumfang des Gehäuses befindet sich alles, was man von Canon gewohnt ist: Kamera, Gurt, Akku + Ladegerät und natürlich Altpapier in abgespeckter Form. Das vollständige Kamerahandbuch gibt es als PDF bei Canon zum Download. Das finde ich wesentlich praktischer und umweltfreundlicher, als mit jeder Kamera ein vollständiges Handbuch mitzuschicken. Aber es gibt natürlich auch Leute, die eine gedruckte Version bevorzugen.
Ich finde es auch positiv, dass ein Ladegerät für den Akku mitgeliefert wird und er nicht, wie bei Sony mittlerweile üblich, über USB geladen werden soll. Wenn man zwei Akkus hat, kann man einen laden und mit dem anderen währenddessen fotografieren. Wesentlich sinnvoller wäre es bei Smartphones endlich auf das USB-Ladegerät im Lieferumfang zu verzichten, aber das ist ein anderes Thema …
Erster Eindruck, Verarbeitung und Haptik
Zum Glück hat Canon hier alles richtig gemacht. Alles fühlt sich wertig und stabil an. An die Haptik der M Classic kommt die M3 aber nicht ganz heran. Dafür gibt es einfach zu viele bewegliche Teile an der M3 und der Klappbildschirm kann eben nicht bombenfest im Gehäuse sitzen, sonst könnte man ihn ja nicht klappen.
Praktisch ist auch der Handgriff, der an der M3 hinzugekommen ist. Er ist zwar relativ klein, bietet aber guten Halt und ist ergonomisch so geformt, dass man bequem an den Auslöser kommt. Auch um den Auslöser herum hat sich etwas getan: Ein Drehrad ist hinzugekommen. Bei der M Classic konnte man in dieser Stelle zwischen Video-, Foto- und Automatikmodus umschalten. Total schwachsinnig, aber eben einer der Gründe, warum die M Classic sich mehr wie eine Kompaktkamera angefühlt hat. Bei der M3 ist nun alles richtig gemacht worden und endlich kann man bequem die Blende mit dem Zeigefinger einstellen.
Auf der Gehäuseoberseite ist das aber nicht die einzige sinnvolle Neuerung. Es gibt jetzt ein Daumenrad, mit dem die Belichtungskorrektur angepasst werden kann und endlich ein Moduswahlrad! Für beides musste man bei der M Classic ins Menü (per Touch zum Glück einigermaßen erträglich).
Zusätzlich gibt es einen konfigurierbaren Funktionsknopf (M-Fn) auf der Oberseite neben dem Auslöser.
Der Blitzschuh ist geblieben, aber verfügt nun über Kontakte, über die der elektronische Sucher EVF-DC1 angesteckt werden kann. Zum Sucher später mehr.
Auch einen kleinen internen Blitz hat die M3 spendiert bekommen. Der ist aber nicht direkt der Rede wert.
Den kleinen Power-Knopf hat Canon noch zwischen die Einstellräder gequetscht, aber das passt schon. Auf jeden Fall wurde der beschränkte Platz auf der Oberseite gut und sinnvoll genutzt!
Auch an den Seiten gibt es Veränderungen: Die flachen Ösen der M Classic wurden gegen normale Ösen zum Durchziehen des Gurts ersetzt. Auch diese Entscheidung kann ich nur befürworten. Das System bei der M Classic war zwar unauffällig und hat beim Fotografieren praktisch gar nicht gestört, aber dadurch konnte sich der Gurt auf den Seiten unterschiedlich verdrehen. Man stand also erstmal da und hat versucht den richtigen „Dreh“ zu finden. Zweimal linke Seite drehen, dreimal rechte Seite drehen … ne doch nochmal links … und jetzt nochmal beide. So, oder so ähnlich. Das kann bei der M3 nun nicht mehr passieren. Trotzdem sind die Ösen klein und unauffällig geblieben. Im Vergleich zu ALLEN Olympus-Ösen stören sie mich auch nicht.
Auf der Gehäuserückseite gibt es nun endlich mehr Knöpfe. Einen neuen Knopf für die Belichtungsspeicherung und einen Knopf für die Autofokusfeld-Auswahl.
Der Wiedergabeknopf ist dafür nach oben rechts zum Videoaufnahme-Knopf gewandert und dazu kann man nur eins sagen: liebe Leute bei Canon, was soll der Scheiß? Hat diese zwei Knöpfe in jeglicher Testserie der Kamera niemand gedrückt? Der Wiedergabeknopf ist das absolut schlimmste, was mir in Sachen Bedienelement untergekommen ist. Ich würde ja schreiben, dass der Druckpunkt schlecht ist usw., aber es ist einfach kein Druckpunkt vorhanden! Keinerlei Rückmeldung, ob man den Knopf nun gedrückt hat oder nicht. Kein Klick, kein spürbares Eindrücken des Knopfs. Einfach nichts. Ich dachte erst da muss was kaputt sein, aber obwohl er sich anfühlt wie eine Attrappe, funktionieren tut er. Man weiß nur nicht genau, wann. Manchmal fühlt es sich so an, als reicht eine leichte Berührung und manchmal denkt man, dass man sich am besten draufstellt. Sollte es mal eine EOS M5 geben, dann hoffe ich, dass sich da etwas tut.
Aber zurück zu positiveren Änderungen. Das Display war bei der M Classic schon richtig gut und ist bei der M3 nochmal besser geworden. Ich würde mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen und behaupte, es ist das beste Display, das mir bisher untergekommen ist. An der Auflösung mit knapp einer Million Pixeln hat sich zwar nichts geändert, aber trotzdem wirkt es brillanter. Farbwiedergabe, Kontrast und Entspiegelung passen einfach.
Der Klappmechanismus des Displays wirkt sehr stabil und macht nicht den Eindruck, bei der kleinsten Fehlbedienung sofort abzubrechen.
Noch ein paar Worte zum EVF-DC1: Da ich die M3 mit dem Aufstecksucher verwende, kann ich auch noch zur Verarbeitung des Suchers etwas schreiben. Oft liest man, er wäre überteuert für das, was er bietet. Aber erstens beträgt der Preisunterschied zum Modell von Olympus (VF-4) nur ca. 20 € und man bekommt beim EVF-DC1 eine bessere Verarbeitung geboten. Das Gehäuse des Suchers ist mit einer Abdeckung aus Aluminium überzogen und wirkt dadurch sehr hochwertig. Auch wirkt es nicht so klobig wie das des Olympus-Suchers. Wie auch der VF-4 verfügt der EVF-DC1 über 2,3 Millionen Pixel und liefert ungefähr die gleiche Qualität des Sucherbildes. Wenn ich einem Sucher den Vorzug geben müsste, wäre es wahrscheinlich der Olympus VF-4, aber der EVF-DC1 ist keinesfalls in großem Maße sichtbar schlechter.
Was ich am Canon Sucher vermisse, ist die Möglichkeit ihn zu arretieren. Natürlich gibt es eine Arretierung, damit er nicht vom Blitzschuh rutscht, aber es gibt keine, um das Hochklappen des Suchers zu verhindern. Diese Arretierung ist zwar beim Olympus Sucher auch nicht sonderlich wirksam, aber sie ist wenigstens vorhanden. Stattdessen verfügt der Canon Sucher über mehr Widerstand des Scharniers, was zumindest dafür sorgt, dass er nicht unkontrolliert herumschlabbert. Zum Sucher muss man noch anmerken, dass der „Selfie Modus“ der M3 (das Display wird nach oben geklappt) nicht funktioniert, wenn der Sucher angesteckt ist. Das ist zwar logisch, da das Display vom Sucher verdeckt wird, aber eine Erwähnung ist es wert.
Das Menü
Wie bei Canon üblich, ist das Menü sehr aufgeräumt. Man weiß ziemlich genau, welche Einstellung man wo suchen muss und man muss vor allem nicht durch Listen nach oben und unten scrollen, um die gesuchte Einstellung zu finden. Im Menü bewegt man sich also praktisch nur von links nach rechts und sieht immer alle auswählbaren Menüpunkte des aktuellen Unterpunkts. Schön ist, dass man das gesamte Menü auch per Touchscreen bedienen kann. Es gibt Hersteller, die zwar einen Touchscreen einbauen, aber das Menü trotzdem über die normalen Tasten bedient werden muss (Olympus … mal wieder). Wenn ich immer dazu gezwungen werde, den Touchscreen nicht zu benutzen, dann WILL ich ihn auch irgendwann nicht mehr benutzen. Wozu ist er denn sonst da? Bilder durchscrollen kann ich mit den Tasten. Zum Glück ist das hier anders. Die einzelnen Menüpunkte sind per Touch gut zu erreichen und es kommt schon fast ein Smartphone Feeling auf.
Negativ finde ich, dass das „My Menu“ beschnitten wurde und (für mich) wichtige Funktionen dort nicht mehr zuweisbar sind. Ich habe mir bisher immer die Option zum Formatieren der SD-Karte in das My Menu gelegt, weil bei mir die SD-Karten an einem Tag oft durch verschiedene Kameras wandern und ich sie manchmal einfach auf die Schnelle formatieren möchte, um wieder „clean“ zu sein. Warum z.B. diese Funktion nicht mehr dem My Menu zuweisbar ist, erschließt sich mir ganz und gar nicht …
Autofokus (in Verbindung mit EF-Objektiven und Adapter)
Der Autofokus ist bei der EOS M immer ein sehr trauriges Kapitel gewesen. Ich hatte zwar mit der M Classic nie großartige Probleme (kurz gesagt: Der Autofokus hat mich nicht daran gehindert, das Bild zu machen, das ich wollte), aber vieles von dem, was im Internet steht, ist leider wahr. Die EOS M Classic war selbst mit den EF-M Objektiven nicht gerade eine schnelle Kamera. Mit dem EF-Adapter wurde dann alles noch viel schlimmer. Viel wichtiger war mir aber, dass der Fokus verlässlich arbeitet und nicht lauter unscharfe Bilder produziert. Das war glücklicherweise fast immer der Fall und die Ausschussrate war damals schon wesentlich geringer als mit einer DSLR.
Die M3 ist da noch etwas fortschrittlicher geworden. Ich habe leider kein EF-M Objektiv zum Testen, aber alles, was man im Internet sieht und liest, hört sich nach einer Verbesserung an. Genau kann ich das aber nicht sagen, denn ich benutze an der M3 ausschließlich normale EF-Objektive mit einem Viltrox Adapter. Trotz der teilweise durchwachsenen Amazon-Bewertungen macht der Adapter bei mir absolut null Probleme. Ja, er hat etwas Spiel zwischen sich und der Kamera, aber das kommt auch mit anderen Adaptern vor. Der original Canon Adapter sitzt etwas fester. Dem endgültigen Bild sieht man davon aber nichts an. Ich kann schütteln, rütteln und drehen wie ich will, aber es kommt zu keinen Verbindungsabbrüchen zwischen Objektiv und Kamera. Im Vergleich zum originalen Adapter spart man aktuell ca. 70 €. Damit wäre schon über die Hälfte des Budgets für ein Canon EF 50 mm f/1.8 STM zusammen.
Getestet habe ich die M Classic und die M3 in Verbindung mit dem EF 50 mm f/1.4 USM, dem EF 24 mm f/2.8 IS USM und dem neuen EF 50 mm f/1.8 STM.
Das EF 50 mm f/1.4 USM fokussiert bei gutem Licht relativ gut. Sobald aber die Kontraste oder das Licht schwächer werden, springt der Autofokus in kleinen Schritten die Autofokusskala entlang und weckt dabei Kindheitserinnerungen an den alten John Deere Traktor meines Opas. Im besten Fall durchläuft das Objektiv den kompletten Fokusweg dabei nur einmal. Im Normalfall aber mehrmals und im schlimmsten Fall findet der Autofokus gar kein Ziel. Es scheint dem USM auch nicht wirklich zu gefallen, immer nur kurze Strecken bewegt zu werden, da er eher darauf ausgelegt ist, lange Fokusdistanzen in kurzer Zeit zurückzulegen. Bei ausreichenden Kontrasten findet der Autofokus aber auch im dunklen Wohnzimmer mit lediglich einem kleinen LED-Stimmungslicht als Beleuchtung sein Ziel. Es dauert nur eben entsprechend länger.
Mit dem EF 24 mm f/2.8 IS USM verhält es sich etwas anders. Bei gutem Licht fokussiert es schneller, was eher der größeren Tiefenschärfe geschuldet ist, als dem Autofokussystem. Bei wenig Licht ähnelt das Verhalten mehr dem EF 50 mm f/1.4 USM, mit der Ausnahme, dass es dabei wesentlich leiser arbeitet und den Fokusweg weicher abläuft. Geschwindigkeitsnachteile ergeben sich dadurch nicht.
Ganz anders verhält sich das EF 50 mm f/1.8 STM. Hier merkt man, dass die STM-Technologie eher zur M3 passt. Es fokussiert leiser, weniger abgehackt und vor allem wesentlich schneller als die zwei anderen EF-Objektive. Von den drei Objektiven, ist es das einzige, dem ich zutraue auch im AI Servo Modus noch brauchbare Ergebnisse zu liefern. Trotzdem ist auch dieses Objektiv nicht für auf die Kamera zulaufende Hunde zu gebrauchen, langsamere Bewegungen lassen sich aber recht gut verfolgen.
Im Vergleich zur M Classic, ist die M3 bei gutem Licht wesentlich schneller unterwegs. Bei schlechtem Licht sind die Unterschiede aber nicht wirklich messbar.
Beim Fokussieren im Nahbereich, neigen beide Ms dazu mehrere Anläufe zu brauchen, um den richtigen Fokus zu finden. Daran ändern auch das Objektiv und die Lichtverhältnisse nichts.
Die Genauigkeit des Autofokus gibt keinen Grund zur Besorgnis. Wenn die Kamera sagt, dass der Fokus sitzt, dann tut er das auch. Bei normaler Raumbeleuchtung, Tageslicht usw. gibt es praktisch keine fehlfokussierten Bilder. Nur bei extrem schlechten Lichtverhältnissen (Raum nur mit einer Kerze beleuchtet), kann es zu Ausschuss kommen. Da arbeiten z.B. Micro Four Thirds Kameras verlässlicher. Aber wie oft tritt der Fall ein, in solch einer Situation ein Bild machen zu müssen? Bei mir jedenfalls nahezu nie und selbst wenn es sein muss, kann man immer noch manuell fokussieren. Schummrige Beleuchtung über eine LED-Leuchte reicht aber schon aus, um Ausschuss zu vermeiden.
Im kurzen Vergleich mit der 70D, die mit Dual Pixel AF im Live View arbeitet, sieht die M3 in keinem Szenario Land. Die 70D springt zuerst grob in die richtige Richtung und justiert dann nur noch kontrastbasiert den Fokus nach. In der Regel arbeitet die 70D so gerade bei wenig Licht ca. doppelt so schnell. Der Sensor der 70D mit Dual Pixel AF wäre eigentlich ideal für die M3 gewesen. Da die 70D beim Erscheinen der M3 schon knapp 1 1/2 Jahre auf dem Markt war, wäre es nicht abwegig zu glauben, dass es der 70D Sensor in die M3 hätte schaffen können. Im Internet findet man Aussagen, dass die Herstellung von Sensoren mit Dual Pixel AF (70D) teurer ist, als die Herstellung von Sensoren mit Hybrid AF (M3). Was wirklich der Grund war, dass es keinen Dual Pixel AF in der M3 gibt, wird nur Canon wissen.
Manueller Fokus mit Altglas
Was die Fokussierung mit manuellen Objektiven angeht, hat sich die M3 sehr weiterentwickelt. Die Möglichkeit den elektronischen Sucher aufzustecken, macht das Fokussieren mit der Fokuslupe und/oder dem Focus Peaking wesentlich einfacher. Bei der M Classic war man auf das Display angewiesen und das war teilweise sehr anstrengend. Dazu kommt noch, dass die M Classic kein Focus Peaking hatte und die Lupenfunktion (Bildausschnitt vergrößern um genauer fokussieren zu können) nur über den Touch Screen möglich war. Dazu konnte man rechts unten auf die Lupe touchen, dann per Touch den Fokusbereich auswählen und anschließend in diesen Bereich, wieder über die Lupe unten rechts, reinzoomen. Leider hat sie auch nicht durch Antippen des Auslösers die Lupenfunktion beendet. Man musste also so lange auf die Lupe touchen, bis man wieder das gesamte Bild gesehen hat. So gern ich den Touch Screen auch habe, aber das war nervig! Dafür sind physikalische Knöpfe einfach noch am besten.
Bei der M3 funktioniert das praktisch noch genauso wie bei der M Classic, aber es gibt auch noch einen alternativen Weg: Die Taste zur Auswahl des Fokusfeldes kann die Funktion des Lupen-Bedienfeldes auf dem Touch Screen übernehmen (dafür sind keine Anpassungen nötig). Das Schöne daran ist, dass man diesen Weg auch „blind“ gehen kann, während man durch den Sucher schaut. Zusätzlich kann über einen langen Druck der Taste das Fokusfeld wieder in die Mitte geschoben werden, bevor man in den Ausschnitt reinzoomt. Sehr praktisch.
Wenn man dann noch Focus Peaking auf die M-Fn Taste neben dem Auslöser legt, kann man sich das Peaking entweder im gesamten Bild, oder im vergrößerten Fokusbereich dazuschalten, wenn man es braucht. So kann man schnell entscheiden, ob man nur über die Lupenfunktion, nur über das Peaking oder über beides fokussieren möchte.
Das Beenden der Lupenfunktion durch Antippen des Auslösers funktioniert leider immer noch nicht, trotzdem finde ich den Ablauf bei der M3 wesentlich angenehmer.
Erfahrungen mit dem Sucher
Wie oben bereits erwähnt, macht der Sucher an der M3 keine schlechte Figur. Es ist mir jedoch manchmal aufgefallen, dass der Sucher bei gleichmäßigen Schwenks leicht „ruckelt“ und den Eindruck macht, als schafft er keine flüssige Bildrate. Wenn man nicht darauf achtet, ist das aber nicht störend.
Viel störender fand ich, dass mir der Sucher eines Tages Tonwertabrisse in den strahlend blauen Himmel gezaubert hat. Warum und wieso? Ich habe keine Ahnung und konnte es auch nicht mehr reproduzieren. Das Sucherbild hat gewirkt wie ein überkomprimiertes JPEG.
Bis auf diese zwei Probleme hat der Sucher immer einwandfrei seinen Job erledigt. Auch bei wenig Licht zieht er nicht nach und liefert stets ein scharfes Bild.
Wenn man die Kamera am Körper trägt, kann es gelegentlich vorkommen, dass sich der Sucher nach oben klappt. Das ist manchmal etwas nervig, wenn es schnell gehen muss, aber eigentlich kein großes Problem.
Bildqualität allgemein
Viel gibt es hier nicht zu schreiben. Die M3 macht, wie für Canon Kameras typisch, keine Probleme. Es gibt keine groben Bildfehler wie z.B. zuletzt bei der Olympus Pen E-P5, die Streifen in Bilder einbaute. Alles gewohnt unauffällig und unproblematisch. Zumindest bei mir.
Im Internet sieht man öfter, dass die M3 in Verbindung mit bestimmten Objektiven (hauptsächlich Weitwinkel- und EF-M Objektive) ein Problem mit grünen Bildecken hat. Das ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen, aber mein weitwinkligstes Objektiv hat auch „nur“ 24 mm und ist ein adaptiertes EF-Objektiv. Wer gerne mit Weitwinkel-Objektiven fotografiert, sollte sich also vorher schlaumachen, ob es mit der geplanten Kombination nicht zu Problemen kommen kann.
Die Farben werden sehr neutral und natürlich wiedergegeben. Der Weißabgleich passt meistens sehr gut und Schärfe gibt es auch genug. Die ist aber sowieso mehr vom Objektiv abhängig.
Die 24 Megapixel machen sich nicht negativ bemerkbar und sorgen nicht dafür, dass das Bild matschiger wird. Die M3 hat, ganz gegen den Trend, noch einen Tiefpassfilter und liefert deshalb nicht die Mikrokontraste, die eine Kamera ohne Tiefpassfilter liefert. Dafür erspart man sich aber Moiré. Werden die Bilder etwas nachgeschärft, sieht man im Vergleich zu einer Kamera ohne Tiefpassfilter keine Unterschiede in der Schärfe mehr.
Gefühlt hat die M3 etwas mehr Dynamik als die M Classic. In Lightroom hat man dadurch etwas mehr Möglichkeiten, mit Tiefen und Lichtern zu spielen.
Alles in allem liefert die M3 eine gute Bildqualität ab. Etwas anderes hätte ich aber auch nicht erwartet. Wer denkt, die Bildqualität hätte sich seit der M Classic um Welten verbessert, wird aber enttäuscht sein. Man bekommt eben das, was bei Canon zur Zeit „up to date“ ist. Im Vergleich zu aktuellen Sony Sensoren, hängt man hier noch hinterher.
Bildrauschen im Vergleich (M Classic vs. M3 vs. 70D)
Da ich gerade drei verschiedene Canon Sensorgenerationen greifbar habe, habe ich mich dazu entschlossen, einen kleinen ISO-Vergleich zu machen. Ich habe mich dafür auf die ISOs 1600, 3200 und 6400 beschränkt. Die drei Kameras wurden mit den exakt gleichen Belichtungseinstellungen auf ein Stativ gestellt, um die Ergebnisse so sauber wie möglich zu bekommen. Die Bilder sind 100 % Ausschnitte direkt aus Lightroom und die Rauchreduzierung steht auf den Standardwerten (0 Luminanz, 25 Farbe). Es wurde keine weitere Bearbeitung vorgenommen.
Bitte beachtet, dass sich die nachfolgenden Bilder auf der Seite in der Größe anpassen. Ihr seht also wahrscheinlich nicht die volle Bildgröße. Bei Interesse, könnt ihr euch die Dateien aber gerne aus unserer Dropbox ziehen und selbst am Computer vergleichen.
JPEGs in voller Auflösung (4,15 MB)
Raw-Dateien mit ISO 6400 von allen drei Kameras zum selbst spielen (94 MB)
Der Vergleich zwischen M Classic und M3 zeigt, dass die M3 bei gleichen Belichtungseinstellungen etwas dunkler und kontrastreicher abbildet. Es ist aber klar zu sehen, dass die M3 in Sachen Bildrauschen die Nase vorn hat. Besonders bei ISO 6400 ist der Unterschied deutlich sichtbar. Dort driften die Farben in den Schatten bei der M Classic bereits nach lila ab, während bei der M3 davon nichts zu sehen ist.
Auch die 70D muss sich der M3 geschlagen geben. Um ehrlich zu sein, sehe ich zwischen der 70D und der M Classic keinen großen Unterschied. Der große Vorteil der M3 liegt weniger im Luminanzrauschen, als viel mehr darin, dass die Schatten nicht farblich abdriften. Wenn man nur das Luminanzrauschen betrachtet, sieht man zwischen allen drei Kameras keine riesigen Unterschiede.
Rauschen in aufgehellten Schatten im Vergleich (M Classic vs. M3 vs. 70D)
Da die Vorteile der M3 besonders in den Schattenbereichen zu sehen sind, wollte ich testen, wie weit man die Schatten an den drei Kameras aufhellen kann, bevor das Rauschen übermächtig wird. Gerade mit den 18 Megapixel Canon Sensoren habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, wenn ich Schatten aufhellen wollte. Hat sich daran etwas verbessert? Der Versuchsaufbau ähnelt dem vorherigen, lediglich die Einstellungen sind andere. Verwendet habe ich ISO 100 und die Bilder jeweils drei Blenden unterbelichtet, um sie dann um den gleichen Wert in Lightroom wieder aufzuhellen. Wie auch im vorherigen Kapitel habe ich die 100 % Ausschnitte als JPEGs auf die Dropbox hochgeladen. Dort findet ihr auch Versionen mit einer und zwei Blenden Aufhellung. Zur besseren Veranschaulichung habe ich mich hier auf der Internetseite auf die Aufhellung um drei Blenden beschränkt.
JPEGs in voller Auflösung (3.90 MB)
Raw-Dateien drei Blenden unterbelichtet zum selbst spielen (59 MB)
Die 70D schlägt sich beim Aufhellen von Schatten schon wesentlich besser als die M Classic. Die M3 ist aber trotzdem noch etwas besser, auch wenn der Vorsprung hier sehr viel geringer ist. Der Test hat mir eins bewiesen: Ich habe mir die schlechte Qualität der Schatten beim 18 Megapixel Sensor jahrelang nicht nur eingebildet. Und die M3 ist in Hinsicht Rauschen bei hohen ISOs und aufhellen von Schatten wesentlich besser geworden. Weil es so schön war, habe ich noch ein letztes, extremes, Beispiel vorbereitet. Hier wurden die Schatten bei der M Classic und der M3 um fünf Blenden aufgehellt. Ziemlich praxisfern, aber der Unterschied zwischen den beiden Ms ist deutlich zu sehen.
Natürlich sind das alles nur „Amateur-Tests“ und nicht so stichhaltig wie professionelle Tests. Sie geben aber ganz gut meine Erfahrungen aus dem Alltag wieder. Wenn ihr wissenschaftliche Analysen haben wollt, kann ich nur die Seite dxomark.com empfehlen. Dort habe ich die drei Kameras auch nochmal kurz gegenübergestellt.
WLAN App und Remote Steuerung
Canon bietet mehrere Apps in verschiedenen App Stores an. Als Erstes gilt es also die richtige App für die richtige Funktion zu finden. Die App, die für die WLAN-Funktion der EOS Kameras benötigt wird, nennt sich „Canon Camera Connect“. Im iOS App Store hat sie sage und schreibe 2,5 Sterne. Ich habe also schon nicht viel erwartet und wurde trotzdem noch enttäuscht. Die wichtigste Funktion für mich ist die Remote Steuerung der Kamera über das Smartphone. Das ist zum Beispiel dann wichtig, wenn man die Kamera auf einem Stativ hat und bei einer Langzeitbelichtung auslösen möchte, ohne die Kamera zu berühren und dadurch Verwacklungen zu riskieren. In der Regel ist diese Funktion auch bei den meisten Herstellern sehr ausgereift und funktioniert einwandfrei.
Hier wurde ich mal wieder eines Besseren belehrt. Positiv ist, dass eine Verbindung mit der Kamera zustande kommt (EOS M3 Firmware 1.0.1, iPhone 6s mit iOS 9.3.2 und Canon Camera Connect 1.2.30.44) und man am Ende ein Live-Bild der Kamera angezeigt bekommt. Dann geht es aber auch schon los … ich kann nicht automatisch fokussieren. Nur über den manuellen Fokus am Objektiv (EF 50 mm f/1.4 USM) oder aber ich wähle den Fokuspunkt auf dem Handy aus und mache ein Bild. Dann geht der Fokus plötzlich. Aber Achtung, es gibt einen Trick: man kann sich über die Einstellungen (oben rechts auf dem iPhone und dann unten auf Einstellungen) die AF-Taste anzeigen lassen. Diese kann man dann verwenden, um zu fokussieren. Warum nicht gleich so?
Wenigstens das Übertragen der gespeicherten Bilder geht problemlos und zügig.
Ansonsten bleibt nur zu sagen, dass alles sehr verschachtelt ist und man oft in ein Menü muss, um von dort aus ein Untermenü aufzurufen, in dem sich dann EINE Funktion befindet, die man aktivieren oder deaktivieren kann (siehe AF-Taste …).
Noch eine Anmerkung zur Android-Version der Canon Camera Connect App. Ich habe es nicht hinbekommen, eine Verbindung zwischen App und Kamera herzustellen (BQ Aquaris E6 mit Android 4.4.2 und Canon Camera Connect 1.2.30.51). Ich kann mich über die WLAN-Einstellungen des Handys zwar mit dem WLAN der Kamera verbinden, aber das war es dann auch schon. Sobald die App eine Verbindung mit der Kamera herstellen will, bricht die Verbindung nach einiger Zeit erfolglos ab, was die Kamera mit „Connection failed“ auf dem Display quittiert.
Alles in allem ist die WLAN-Funktion der Kamera also mehr oder weniger unbrauchbar. Wer sie nur benutzt, um Bilder von der Kamera aufs iPhone zu ziehen, wird mit der App vermutlich glücklich. Wer ein Android Smartphone hat, kann Glück haben und die App funktioniert (ich gehe nicht davon aus, dass alle Android Handys nicht funktionieren), oder eben Pech haben und es funktioniert überhaupt nichts.
LP-E17: Der Krypto-Akku
Wenn man nach Nachbau-Akkus für die M3 sucht, stellt man schnell fest, dass es da ein kleines Problem gibt. „Teildekodiert“ ist ein Wort, das ich bezüglich Akkus erst mit der M3 gelernt habe. Es bedeutet, dass der Akku zwar funktioniert (er liefert Strom), aber die Kamera quittiert das Einlegen des Akkus mit einer Warnmeldung, dass man diesen Akku auf eigene Gefahr verwendet und die Garantie erlischt. Hinzu kommt noch, dass der Ladestand des Akkus nicht in der Kamera angezeigt wird und man den Akku nicht mit dem original Canon Ladegerät laden kann. Oha … was hat Canon denn da eingebaut?
Es handelt sich um einen speziellen Chip im Akku, der verschlüsselt mit der Kamera kommuniziert und ihr sagt „ich bin original“. Diese Verschlüsselung ist bisher von den Drittanbietern nicht geknackt worden und es kommt mir so vor, als habe man die Versuche schon eingestellt. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass man schon mal so lange auf kompatible Drittanbieter-Akkus warten musste. Jetzt könnte man sagen, dass die Firmen sich lieber auf Akkus konzentrieren, die häufiger gekauft werden, aber der LP-E17 wird auch in der 750D und 760D eingesetzt. Beides Kameras, die sich, wie ich denke, nicht schlecht verkaufen.
Aktuell gibt es also noch genug Gründe die Nachbauten zu meiden und den original Canon Akku zu kaufen. Mit knapp 50 € ist der aber kein Schnäppchen und reicht gerade einmal für ca. 250 Bilder (laut Canon).
Was könnte eine potenzielle M5 bzw. das EOS M System besser machen?
Die M3 macht bereits vieles richtig und ist eine konsequente Weiterentwicklung der M Classic, aber Luft nach oben gibt es natürlich weiterhin. Wenn mich heute jemand fragt, was ich mir für eine M5 wünschen würde, dann sind es die folgenden Punkte:
- Integrierter elektronischer Sucher (kein nerviger Aufstecksucher mehr)
- Dual Pixel AF für schnelleren Autofokus
- ein größeres Gehäuse, oder die Möglichkeit einen passenden Handgriff an die Kamera zu schrauben
- noch ein paar mehr frei belegbare Funktionsknöpfe
- Verbesserungen beim Wiedergabeknopf (wäre bei einem neuen Gehäuse vermutlich automatisch gefixt)
- Die Lupenfunktion beendet sich automatisch, wenn man den Auslöser antippt (evtl. über das Menü an- und ausschaltbar)
- bessere Unterstützung der WLAN-App (wohl mehr ein Problem der App, als der Kamera)
- Mehr native EF-M Festbrennweiten! (35 mm f/1.8, 50 mm f/1.8, 85 mm f/1.8)
Fazit
Die M ist erwachsen geworden. Sie hat sich von einer aufgebohrten Powershot mit APS-C Sensor zu einer EOS weiterentwickelt, die den Namen auch zu Recht trägt. Vieles ist einfacher und besser geworden. Auch die Bildqualität hat sich nach Jahren des 18 Megapixel Sensor-Recyclings endlich zum Positiven entwickelt.
Und ich muss sagen, ich mag die M3. Nicht weil sie irgendetwas viel besser könnte, als eine andere aktuelle Systemkamera, sondern weil Canon zugehört hat. Canon hat nicht am Kunden vorbei entwickelt und bietet nun endlich auch die Möglichkeit einen elektronischen Sucher anzustecken. Die M3 ist endlich konkurrenzfähig geworden und eben diese Konkurrenz hat die M Classic damals in keinem Aspekt einholen können.
Wenn Canon eine M5 herausbringen sollte und dort noch einmal so einen Sprung wie von der M Classic zur M3 hinlegt, dann können wir wirklich gespannt sein.
Aktuell kann ich die M3 jedem empfehlen, der sowieso schon Canon-Objektive zu Hause hat und der nicht darauf angewiesen ist Sport und Action zu fotografieren. Für Landschaften, statische Motive und langsame Bewegungen eignet sich die M3 sehr gut. Für alles andere ist sie leider immer noch ungeeignet. Eine M bleibt eben eine M.