Ist euch schon mal aufgefallen, dass es Kameras gibt, deren Existenz einem zwar bewusst ist, aber die trotzdem irgendwie in der Versenkung zu verschwinden scheinen? Man findet keine super euphorischen Reviews, kein Fotograf erzählt „Seitdem ich die XY habe, habe ich die Kamera schlechthin gefunden!“ und durchstöbert man die Modelle eines Herstellers, stellt man plötzlich fest … oh, da war ja mal was … so geht es uns mit der Panasonic Lumix G6.
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Sie scheint ein Nischenprodukt zwischen der „großen“ GH-Serie und den kleineren GM-, GX- und GF-Serien zu sein und man stellt sich die Frage, für wen die G-Serie eigentlich gedacht ist. Will man filmen, oder eine Kamera, die mehr das Äußere einer DSLR hat, wird man zweifelsohne zur GH-Serie greifen. Will man eine kleine Kamera, greift man zur kleineren Serie, die mit der GM5 auch mit elektronischen Suchern zu haben ist. Die G-Serie ist mehr etwas wie eine Baby GH. Sie hat vieles, was die GH-Serie ausmacht: gute Videofeatures, dreh- und schwenkbares Display und den elektronischen Sucher. Sie ist aber günstiger und die G-Serie unterliegt nach Erscheinung gerne einem großen Preissturz. Die Preise der GH-Serie bleiben dagegen lange relativ stabil. Was die G6 unserer Meinung nach taugt, klären wir in diesem Artikel.
Lieferumfang, erster Eindruck und Verarbeitung
Der Lieferumfang ist recht unspektakulär. Man bekommt einen Pappkasten, in dem sich ein Kameragehäuse versteckt, jede Menge Anleitungen und CDs und einen recht anschaulichen Kameragurt. Wir wissen nicht, wie oft wir schon geschrieben haben, dass es manchmal auf die kleinen Dinge ankommt und ein etwas besserer Kameragurt sehr viel ausmachen kann. In diesem Sinne kann man vor Panasonic nur den Hut ziehen. Er besteht zwar auch nur aus Kunstleder und ist recht schmal, aber er ist der Kamera angemessen und hat in der Produktion vermutlich nur ein paar Cent mehr gekostet als die kratzigen Plastikgurte, die Olympus gerne mal mitliefert. Wobei auch Olympus mittlerweile etwas umschwenkt. Zur OM-D E-M5 Mark II gibt es mittlerweile einen richtig guten, bestickten Kameragurt wie für die E-M1. Zur E-M5 Mark I gab es noch das Billigste vom Billigsten. Vielleicht bringt es doch was, es immer wieder zu erwähnen.
Ansonsten ist der erste Eindruck eigentlich sehr ernüchternd. Das Gehäuse ist aus Vollplastik, Metall muss man suchen. Vielleicht die Abdeckung des Moduswahlrads, der Blitzschuh und das Bajonett, aber ansonsten wird man wenig offensichtliches Metall finden. Das muss jetzt nicht bedeuten, dass die Kamera keine zwei Wochen harten Einsatz überlebt. Die Konstruktion kann trotzdem stabil sein und sogar mehr abkönnen, als Kameras, die sich wertiger anfühlen, aber es bleibt eben dabei, dass die Kamera im ersten Eindruck leicht billig wirkt. Wenigstens ist das Plastik strukturiert und nichts knarzt oder klappert. Selbst der eingebaute Blitz sitzt fest. Durch die rundherum gehende Gummierung wirkt auch alles halb so schlimm. Sie vermittelt ein angenehmes Gefühl. Der Handgriff hat eine gute ausgeprägte Form und es stellt kein Problem dar, die Kamera auch mal nur mit einer Hand zu halten.
Die GH3 soll ja manchmal Probleme mit ausgeleierten Scharnieren am dreh- und schwenkbaren Monitor haben. Das soll bei der G6 angeblich nicht mehr vorkommen. Auf jeden Fall wirkt das Scharnier stabil und nicht labberig.
Bedienung und Erfahrungen aus dem Alltag
Zuerst einmal ist uns eine Sache nicht aufgefallen, die besonders Alex öfter mal stört und das sind die Ösen am Kameragehäuse. Panasonic setzt bei der G6 auf breite Metallösen, die beim Umgang mit der Kamera nicht stören. Sie sind also kein Fall für die Metallsäge.
Man sieht es der G6 nicht direkt an, aber es gibt eigentlich für so ziemlich alles einen Funktionsknopf, ein Rädchen oder eine Wippe. Über einen Mangel an belegbaren Knöpfen und entsprechenden Funktionen kann man sich also nicht beschweren. Man hört oft bei anderen Herstellern, wie sinnvoll ein Belichtungskorrekturrad in Griffnähe ist und man sieht es nicht direkt, aber die Panasonic G6 bietet auch das. Und zwar über die Wippe, die sich über dem Auslöser befindet. Diese kann man mit verschiedenen Funktionen belegen. Im Modus A, in dem wir über 90 % der Zeit fotografieren, ist die Standardfunktion der Wippe die Belichtungskorrektur. Man stellt also über das hintere Daumenrad die gewünschte Blende ein, lässt die Kamera die Belichtung messen und greift mit der Wippe bei Bedarf in die Belichtung ein. Alles ohne in ein Menü zu tauchen oder das Auge vom Sucher nehmen zu müssen.
Bei Objektiven mit elektronischem Zoom kann die Wippe zum Zoomen verwendet werden. Jetzt denkt man natürlich, dass der einfache Zugang zur Belichtungskorrektur damit hinfällig wäre, aber für diesen Fall kann man einfach das hintere Daumenrad drücken und wechselt damit zwischen den zwei Funktionen des Rades hin und her. Und die zweite Funktion ist standardmäßig, ihr werdet es erraten haben – die Belichtungskorrektur. Das Bedienkonzept der G6 lässt sich mit einem Satz treffend beschreiben: Es gibt immer einen Weg.
Der elektronische Sucher ist nicht das Neuste vom Neusten, aber er ist ausreichend groß, auflösend und deutlich. Er bietet zwar „nur“ 1,4 Millionen Pixel, basiert aber immerhin auf der OLED Technologie. Beim alltäglichen Fotografieren macht er seine Sache gut, auch wenn er nicht so brillant und groß ist wie z.B. der Sucher der Fuji X-T1. Praktisch ist, dass das Menü bei Panasonic auch im Sucher angezeigt werden kann. Falls man also vor lauter Sonne mal nichts auf dem Monitor erkennt, hat man immer noch diese Möglichkeit.
Manche werden sich vielleicht darüber aufregen, dass auf der Gehäuseoberseite der Knopf „iA“ auftaucht. Dieser steht für „intelligente Automatik“ und erlaubt es auch nicht technisch versierten Menschen, die Kamera einfach zum „Knipsen“ zu verwenden. Er ist dann sinnvoll, wenn man in der Situation ist, dass man schnell jemandem die Kamera in die Hand drücken möchte. Einfach, damit er mal ein Bild damit machen kann, ohne, dass man tausend Sachen an der Kamera umstellen muss, um sie „idiotensicher“ zu machen. Zusätzlich leuchtet der Knopf auch noch blau, wenn er aktiviert ist und setzt sich auch nach dem Ausschalten der Kamera nicht wieder auf den deaktivierten Zustand. Wer also seine Kamera öfter mal aus der Hand geben muss, wird sich darüber freuen. Hat man seine Kamera selbst wieder in den Händen, deaktiviert man die Automatik und befindet sich wieder genau da, wo man aufgehört hat.
Der Monitor löst mit 1,04 Millionen Pixeln auf und liefert ein klares Bild. Da gibt es nichts zu meckern. Die Kamera erkennt automatisch, wie das Display über das Scharnier gedreht wurde und richtet den Monitor immer entsprechend aus, damit man nicht „auf dem Kopf“ fotografiert. Wird der Monitor nicht genutzt oder die Kamera verschwindet in der Fototasche, kann der Monitor umgeklappt werden, um ihn vor Kratzern zu schützen.
Zusätzlich verfügt der Monitor über Touch. Das ist mittlerweile bei Panasonic zum Standard geworden und harmoniert gut mit dem Menü und den Funktionen der Kamera. Eigentlich haben wir bisher bei keinem anderen Hersteller so eine gute Implementierung der Touchfunktionalität gesehen wie bei Panasonic. Das Kameramenü lässt sich super per Touch steuern und einige nette Funktionen sind im Alltag wirklich praktisch. Zum Beispiel lässt sich der Fokuspunkt über den Touchmonitor verschieben, während man durch den Sucher schaut. Dafür gibt es auch noch verschiedene Modi, wie der Punkt dabei verschoben werden soll. Entweder genau auf den Punkt, auf den ich gerade tippe, oder ich kann den Punkt mit Wischbewegungen hin und her schieben. Die Funktion verwenden wir sehr häufig. Man muss jedoch aufpassen, nicht mit der Nase aus Versehen den Fokuspunkt zu verschieben.
Die Knöpfe sind ausreichend groß, aber haben keinen sehr deutlichen Druckpunkt. Ob man einen Knopf gedrückt hat, erfährt man oftmals erst, wenn man sieht, dass die Kamera darauf reagiert. Obwohl alle Knöpfe sehr flach im Gehäuse sitzen, lassen sie sich noch angenehm mit den Fingern drücken, da sie durch ihre Größe eine gute Auflagefläche bieten. Insgesamt gibt es fünf frei belegbare Funktionsknöpfe + jede Menge Funktionen, die z.B. auf das Steuerkreuz gelegt werden können. Viel zu viel, um hier alles aufzuzählen. Es dürfte für jeden etwas dabei sein.
Der Autofokus arbeitet schnell und präzise. Aber ganz ehrlich … das kann man mittlerweile über jede aktuelle Micro Four Thirds Kamera sagen. Gesichtserkennung ist natürlich auch mit an Bord.
Die WLAN-Funktion in Verbindung mit dem Smartphone oder Tablet arbeitet problemlos. Und sie ist wirklich praktisch, wenn man mal ein Bild vom Stativ aus machen möchte, aber keine Lust hat den Selbstauslöser zu aktivieren und dann notgedrungener Weise ein paar Sekunden zu warten. Zusätzlich können auch noch alle wichtigen Einstellungen über die App erledigt werden. Die Kamera kann also ruhig auf dem Stativ stehen bleiben, während man sich entspannt zurücklehnt.
Panasonic gibt die Akkulaufzeit mit 340 Bildern pro Akkuladung an. Ein realistischer und kein schlechter Wert.
Bildqualität
Die Farben der G6 sind typische Panasonic Farben. Im automatischen Weißabgleich eher zu kühl als zu warm, aber mit ein paar Klicks oder voreingestelltem Weißabgleich leicht zu korrigieren. Sie sind aber auch nichts besonders, wie das manchmal bei Fuji oder Olympus der Fall ist. Will man besondere Farben, muss man in der Nachbearbeitung ran. Zusätzlich ist das Standardprofil von Adobe in ACR bzw. Lightroom das schlechteste, was wir seit langem für eine Kamera gesehen haben. Man sieht beim Importieren der Bilder zuerst das JPEG, das in die RAW-Datei eingebettet ist. Das hat gute Farbtöne, Kontraste und Sättigung. Sobald Lightroom die RAW-Datei gerendert hat, hat man nur noch flaue, kraftlose Farben und wenig Kontraste im Bild. Wie Adobe das hinbekommen hat, ist uns ein Rätsel, aber es ist wohl nicht Panasonic anzulasten. Als Workaround kann man sich ein Preset anlegen, dass beim Importieren der Bilder angewendet wird.
Ansonsten liefert die Panasonic anschauliche Bilder, eine gute Schärfe und wenig Gründe sich zu beschweren. Lediglich ein Wermutstropfen bleibt: Olympus scheint aktuell einen Hauch besser zu sein. Ob man das den Bildern ansieht, wagen wir aber zu bezweifeln.
Die High ISO Fähigkeiten der Panasonic sind etwas schwächer als bei den aktuellen Olympus Modellen, aber immer noch auf einem guten Level. ISO 1600 stellen im Normalfall kein Problem dar.
Leider hat die G6 keinen Bildstabilisator im Gehäuse und ist auf Bildstabilisatoren in den Objektiven angewiesen. Das führt dazu, dass alle unsere Objektive nicht stabilisiert sind, da wir sehr viele Olympus-Objektive haben und auch unsere Panasonic Objektive (25 mm f/1.4 & 20 mm f/1.7) nicht stabilisiert sind. Von manuellen Objektiven ganz zu schweigen. Deshalb wäre es schön von Panasonic, wenn man endlich eine minimale Verschlusszeit im automatischen ISO-Modus angeben könnte. Manchmal verwackelt man eben doch, obwohl die Kamera denkt, dass die Verschlusszeit ausreichend ist, und die ISO nicht erhöht. Stattdessen gibt es bei Panasonic zwei automatische ISO-Modi, bei denen die eine (Auto ISO) sich nach der Helligkeit richtet und die andere (iISO) die Bewegung des Objekts in die Berechnung einfließen lässt. iISO könnte man sich unserer Meinung nach komplett sparen und stattdessen die Einstellung der minimalen Verschlusszeit ermöglichen. Die Fuji X-T1 kann hier als gutes Beispiel dienen. Dort ist das perfekt umgesetzt.
Shutter Shock und Verschlussarten
Ein Problem haben wir sehr ausgeprägt gespürt und das ist der Shutter Shock. Man spürt schon das Schaudern der Leute, die das gerade lesen und schon Erfahrungen damit gemacht haben. Ja, die Panasonic G6 hat Shutter Schock. Und das auch noch sehr ausgeprägt. Punkt.
Zum Glück gibt es bei Panasonic schon lange die Möglichkeit, den elektronischen Verschluss zu benutzen (mit all seinen Vor- und Nachteilen). Darüber haben wir schon bei der GM1 berichtet, die einen sogenannten Hybrid-Verschluss verwendet. Dort gab es ab bestimmten Verschlusszeiten nur noch den elektronischen Verschluss. Wer sich dafür interessiert, findet den Bericht hier.
Wir fotografieren, außer bei Blitzeinsatz, nur mit dem elektronischen Verschluss. Er liefert einfach die schärferen Bilder. Mit dem mechanischen Verschluss konnten wir den Shutter Shock mit praktisch allen Objektiven und allen Verschlusszeiten nachstellen. Noch schlimmer als damals mit der E-M1.
Für Sportfotografen und Blitzbenutzer kann das natürlich bedeuten, dass die G6 für sie nicht infrage kommt und das ist durchaus verständlich, denn bei allen schnelleren Bewegungen, wie durchs Bild fahrende Autos, kann es zu unschönen Rolling Shutter Effekten kommen. Auch bei Kunstlicht muss man aufpassen, da Glühlampen z.B. in der Frequenz des Stromnetzes flackern und man gewisse Verschlusszeiten vermeiden sollte, um nicht Streifen ins Bild zu bekommen.
Es gibt also viel zu beachten, aber im Notfall verwendet man eben den mechanischen Verschluss und lebt damit, dass das Bild evtl. leicht unscharf wird. Immerhin hat man diese Möglichkeit, die z.B. die GM1 und GM5 nicht bieten.
Leider bietet sowohl der elektronische, als auch der mechanische Verschluss der G6 nur die kürzeste Verschlusszeit von 1/4000 Sekunde. Aktuelle elektronische Verschlüsse schaffen bis zu 1/16000 oder 1/32000 Sekunde. Das hat den Vorteil, dass man auch in praller Sonne noch offenblendig arbeiten kann.
Fazit
Tja, was ist die G6 nun? Unserer Meinung nach ist sie wirklich eine abgespeckte Kamera der GH-Serie und richtet sich an all diejenigen, die sich die GH-Serie nicht leisten wollen, oder nicht auf die beste Videoqualität angewiesen sind. Wir drehen auch keine Videos und sind deshalb mit der G6 sehr zufrieden. Sie bietet vieles und bis auf ein paar Probleme mit Shutter Shock und der automatischen ISO Einstellung sind wir durchweg zufrieden mit der Kamera.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut. Somit kann man die Kamera auch als Einstiegsmodell empfehlen, wenn man nicht gerade das kleinste Gehäuse möchte. Die Kamera ist zwar etwas größer als die GF-Serie, aber macht das mit vielen nützlichen Funktionen, wie dem elektronischen Sucher, wieder wett. Trotzdem ist sie sehr portabel und kann durch ihr leichtes Gewicht punkten.