Seid ihr auf der Suche nach einem Reisestativ, das stabil, einfach zu benutzen und dabei noch kompakt ist? Das waren wir auch, denn unsere wuchtigen, großen Stativ passten nicht an unsere Rucksäcke und waren mehr Ballast, als funktionales Equipment. Wo wir fündig geworden sind und welche Erfahrungen wir mit dem Stativ gemacht haben, könnt ihr hier nachlesen.
Vorwort
Zuerst muss ich einmal kurz in die Vergangenheit ausschweifen: 2009 suchte ich nach einem stabilen Stativ, das möglichst leicht ist, aber trotzdem eine große Kamera und ein größeres Objektiv trägt. Damals folgte ich dem Rat, den ich verschiedenen Foren gelesen hatte. Bloß nicht am Stativ sparen, Carbon ist super leicht und stabil und lieber etwas mehr Tragkraft, als zu wenig. Im Endeffekt landete ich dann beim Bilora C283 Perfect Pro Carbon Stativ und dem Bilora Kugelkopf 2258. Damit habe ich auch super Erfahrungen gemacht, jedoch stand das Stativ die meiste Zeit zu Hause in der Ecke, weil es einfach zu umständlich war, das Stativ mitzuschleppen. Selbst in Stativhalterung meines Rucksacks (Lowepro Flipside 400AW) passte es nicht, weil es einfach zu groß war. Es war auch mit im Urlaub, weil es eben schnell mal ins Auto geworfen werden kann, aber es wurde für kein einziges Bild benutzt, weil ich mir die Schlepperei nicht antun wollte. Also kurz gesagt ein super Stativ, mit dem großen Nachteil, dass es einfach zu unhandlich ist.
Ein Reisestativ ist keine Notlösung
Seit einiger Zeit habe ich überlegt, ob sich nicht ein Reisestativ mehr lohnen würde, da ich auch nicht mehr mit riesigen Kameras und großen Zooms durch die Gegend marschiere und die Tragkraft deshalb nicht mehr ganz so wichtig ist. Dadurch könnte man an Größe und Gewicht sparen und es wäre einfacher es immer mal wieder mitzunehmen. Ich habe mir Reisestative aber immer als billige Notlösungen vorgestellt, bei denen vielleicht mit Glück ein scharfes Bild herausspringt. Ich muss aber auch gestehen, dass ich mir niemals die Mühe gemacht habe, mir ein Reisestativ genauer anzuschauen. Meine Vorurteile waren einfach schon zu festgefressen.
Seitdem ich das Fotopro Rollei C4i mit dem Kugelkopf FPH-53P habe, muss ich zugeben, dass meine Vorurteile falsch waren.
Erfahrungen
Das Stativ kostet im Handel zwischen 70 und 80 €. Man muss also kein Vermögen dafür ausgeben und ich finde, für den Preis bekommt man einiges geboten. Das Stativ gibt es auch in verschiedenen Farben. Man kann zwischen Schwarz, Titanium, Rot, Orange, Blau und Grün wählen. Ich wusste bis dato noch gar nicht, dass es auch nicht schwarze Stative gibt und habe mich für Titanium (Grau) entschieden. Alles andere fand ich dann doch zu aufdringlich.
Alleine der Karton macht schon deutlich, dass das Stativ sehr kompakt ist. Mit einer zusammengeklappten Höhe von 48,5 cm ist es wirklich nicht groß. Dazu kommt noch das leichte Gewicht von knapp 1,3 kg trotz Aluminium. Die maximale Höhe beträgt 145 cm und die minimale Höhe 17,5 cm. Man muss also auch nicht vor dem Stativ knien, um ein Bild zu machen, aber man sollte bedenken, je mehr die Beine ausgefahren werden, desto unstabiler wird das Stativ. Das betrifft aber alle Stative. Die Stativbeine bei diesem Stativ bestehen aus vier Sektionen, die an jedem der drei Beine über drei Drehgriffe ausgefahren werden können.
So weit also alles Standard. Zwei der drei Beine sind oben mit Schaumstoff ummantelt, um für einen sicheren Halt zu sorgen und bei Kälte etwas zu isolieren. Das dritte Bein trägt die Produktbezeichnung und die Schriftzüge. Die Beine können unabhängig voneinander in drei Stufen gespreizt werden.
Mit dabei ist auch eine schwarze Tragetasche, mit der man Stativ entweder in der Hand, oder über die Schulter transportieren kann.
Das Stativ mit dem angebrachten Kugelkopf besitzt eine Tragkraft von 8 kg! Das ist durchaus nicht wenig und damit lassen sich auch schon große Kameras und Objektive auf dem Stativ anbringen. Ich denke da z.B. an eine Vollformat Canon mit 70-200 mm f/2.8 Zoom. Natürlich sollte man die 8 kg nicht bis zum Ende ausreizen, es ist schließlich nur ein Wert, den der Hersteller vorgibt und nur weil das Stativ 8 kg trägt, heißt es nicht, dass es 8 kg SICHER trägt. Wem sein Equipment lieb ist, der bleibt also besser etwas unter dem Limit.
Die Verarbeitung ist, wie ich finde, auf einem sehr hohen Level. Vergleichbar mit Manfrotto Stativen und evtl. noch einen Tick besser als die meines Bilora Carbon Stativs. Die Schraubgriffe zum Ausfahren der Stativbeine lassen sich angenehm drehen und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit. Da sollte so schnell nichts kaputtgehen.
Die Mittelsäule macht am ganzen Stativ noch den billigsten Eindruck, besitzt aber eine Einstellung, über die der Widerstand beim Ausziehen der Säule eingestellt werden kann. Ich für meinen Teil werde die Mittelsäule eher nicht verwenden, wenn es nicht sein muss. Das habe ich aber auch meinem großen Stativ nur sehr selten gemacht.
Die Mittelsäule kann auseinandergeschraubt werden, sodass man den unteren Teil zu Hause lassen kann, wenn man ihn sowieso nicht benutzt. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, die Kamera auf dem Kopf am unteren Ende der Mittelsäule zu befestigen, um z.B. Fotos aus der Bodenperspektive oder Makros aufzunehmen.
Der Kugelkopf ist nicht besonders groß, aber bietet alles, was mein Bilora Kugelkopf auch hatte plus ein paar nette Extras, wie drei Wasserwaagen, mit denen die Kamera ausgerichtet werden kann. Zusätzlich kann man ihn noch als Panoramakopf benutzen und besitzt eine Angabe in Grad. Das Dumme an dieser Funktion ist, dass die Klemmung des Kugelkopfs selbst gelöst werden muss, um den Kopf ein paar Grad zu drehen. Es ist also gut möglich, dass die Kamera vertikal wegkippt, während man den Kopf dreht. Wer häufiger Panoramas macht, wird aber sowieso einen speziellen Panoramakopf und Nodalpunktadapter besitzen.
Die Stativplatte wird etwas gewöhnungsbedürftig auf dem Kugelkopf fixiert. Von meinem Bilora Kugelkopf bin ich es gewohnt, dass die Kamera gegen ein Rausrutschen gesichert ist. Das ist auch hier realisiert, aber dreht man die Halterung nur etwas zu weit auf, könnte die Kamera den Abflug machen. Das System funktioniert zwar, aber macht nicht unbedingt einen guten Eindruck. Bei meinem Bilora Kugelkopf muss ein Knopf gedrückt werden, damit die Kamera herausgenommen werden kann, das ist hier nicht der Fall. Was ihr davon haltet, kommt aber auch sehr darauf an, mit welchen Stativen ihr schon Erfahrung habt und welches System ihr gewohnt seid. Mit den Schnellwechselplatten bei Manfrotto tue ich mir z.B. immer schwer.
Die Schnellwechselplatte beim FPH-53P ist Arca Swiss kompatibel und die Gewindeschraube hat einen Griff, mit dem sie am Stativgewinde der Kamera festgeschraubt werden kann. Bei Bilora gab es nur eine normale Schlitzschraube … man musste also immer Werkzeug/Kleingeld/Fingernägel dabei haben.
Die Schnellwechselplatte hat zusätzlich noch vier Gummiflächen, die dafür sorgen, dass die Kamera nicht verrutscht und nicht verkratzt wird. Bei meinem Bilora Kopf, mit zwei Gummistreifen, hat sich einer bereits verabschiedet … hoffentlich halten die hier besser.
Wenn die Kamera mit der Schnellwechselplatte auf das Stativ montiert wird, muss sie schräg eingesetzt werden, das fand ich anfangs auch etwas seltsam, da bei meinem Bilorakopf die Kamera von hinten oder vorne eingeschoben wird. Ich meine mich zu erinnern, dass das System bei Manfrotto aber ähnlich dem FPH-53P ist. Scheint also nur ein persönliches Problem zu sein.
Die Einstellung des Kugelkopfs geht schnell und einfach. Die Fixierschraube ist gummiert und bietet guten Halt. Beim Fixieren des Kopfs dreht er kaum nach. Da bin ich schlimmeres gewohnt.
Fazit
Das FPH-53P verrichtet nun schon einige Zeit verlässlich seinen Dienst und hat mich bisher nicht enttäuscht. Bei meiner Ausrüstung, die nahezu ausschließlich aus leichten bis mittelschweren Kamera- und Objektivkombinationen besteht, erweist sich das Stativ als sehr stabil und auch mehrere Sekunden Belichtungszeit sind kein Problem. Durch die kompakten Maße kann ich endlich ein Stativ an meinem Rucksack befestigen und mein altes Bilora Stativ verliert immer mehr seine Daseinsberechtigung, denn für meine Anwendungsfälle reicht das Rollei Stativ mehr als aus.
Wer Belichtungszeiten von mehreren Minuten machen möchte und dabei eine große Spiegelreflexkamera mit großem Zoom-Objektiv verwendet, sollte sich aber besser woanders umschauen, denn bei der Größe des Stativs müssen eben auch Kompromisse eingegangen werden.
Der einzige negative Punkt ist in meinen Augen die Mittelsäule, die etwas labbrig wirkt und der Kugelkopf, der nicht bis ins letzte Detail durchdacht wurde. Schlecht ist er aber nicht, denn erstens bietet er viele Funktionen (die teilweise bei teureren Kugelköpfen fehlen) bei kleiner Größe und zweitens, kann er ausgetauscht werden, falls man nicht mit ihm zufrieden ist.
Als Komplettpaket aus Stativ und Kugelkopf ist das Fotopro Rollei C4i + FPH-53P jedenfalls eine absolute Kaufempfehlung!
Update vom Februar 2021
Nach knapp fünf Jahren, in denen das Stativ und der Kugelkopf gute Dienste leisteten, stellte ich fest, dass sich die Kamera auf dem Kugelkopf frei und quietschend im Kreis drehen lässt.
Die erste Vermutung ist da natürlich, dass der Kugelkopf seinen Geist aufgegeben hatte, aber das Problem lag woanders. Die Inbusschraube, welche den Schlitten, bzw. dessen Halterung, auf dem Kugelkopf fixiert, hielt nicht mehr und die Halterung drehte sich frei im Kreis.
Die naheliegende Lösung, die Schraube einfach wieder fest anzuziehen, funktionierte leider nicht. Selbst mit dem Akkuschrauber auf höchstem Drehmoment, hielt die Schraube nicht mehr. Vielleicht ist die Schraube etwas zu lang bemessen worden und durch das Freidrehen der Halterung, hat sich minimal Material abgetragen, sodass die Schraube nun unten im Gewinde anschlägt, aber keinen Druck mehr auf die Halterung ausübt.
Zum Glück hatte ich noch einen anderen Kugelkopf, der zwar größer war, aber dank dem herausschraubbaren Reduziergewinde, vom Rollei Kugelkopf, das Stativ jetzt wieder einsatzfähig macht.
Kann ich das Stativ trotzdem noch empfehlen? Auf jeden Fall!
Es hat fünf Jahre gute Dienste geleistet, der Kugelkopf ist an Felswänden entlang gezogen worden und nichts am Stativ hat in der Zeit jemals Wartung, oder besondere Aufmerksamkeit benötigt. Selbst wenn er mit Kameras belastet wurde, für die er sicherlich nicht gedacht war. Die 1D Mark III mit 70-200 mm f/4 lässt grüßen.
Für den Preis von ca. 70 – 80 € kann man nicht meckern und die Stativbeine funktionieren weiterhin. Also freue ich mich auf weitere Jahre, in denen mich das Stativ, wenn auch mit anderem Kugelkopf, sicherlich nicht enttäuschen wird.