Preis-Leistungs-Duell: Sigma 60mm f/2.8 DN vs. Olympus 75mm f/1.8

In diesem Beitrag treten das Sigma 60 mm f/2.8 DN und das Olympus 75 mm f/1.8 gegeneinander an. Beide Objektive fallen in die gleiche Kategorie. Lichtstarke Festbrennweiten im Telebereich. Der erste große Unterschied liegt im Preis. Während das Sigma mit 195 € eher im günstigeren Preissegment beheimatet ist, lässt sich Olympus sein “Premium” Objektiv mit knapp 1.000 € bezahlen. Ob sich der Preisunterschied in der Bildqualität niederschlägt und wie zufrieden wir mit Lieferumfang, Verarbeitung und Handling sind, wird sich im Verlauf des Artikels zeigen.

Olympus OM-D E-M5 + Sigma 60mm f/2.8 DN  |  f/2.8, 1/125 Sek., ISO 400

Lieferumfang

Gleich zu Beginn fällt das Zubehör des Sigma Objektivs auf. Zusätzlich zum Objektiv gibt es eine Gegenlichtblende und einen Objektivköcher. Andere Hersteller lassen sich das noch ordentlich bezahlen.

Beim Olympus 75 mm f/1.8 muss sämtliches Zubehör extra nachgekauft werden. Alleine die Gegenlichtblende kostet im Handel ca. 70 €, ein passender Objektivköcher kostet noch einmal ein paar Euro extra. Bei einem Objektiv dieser Preisklasse ist das mehr als dreist. Eine Gegenlichtblende gehört normalerweise bei JEDEM Objektiv mitgeliefert, aber hier hat das einen noch bittereren Beigeschmack.

Panasonic Lumix GH3 + Olympus 75mm f/1.8  |  f/1.8, 1/2500 Sek., ISO 200

Verarbeitung

Das Olympus 75 mm f/1.8 ist, wie die passende Gegenlichtblende, komplett aus Metall gefertigt und macht einen sehr soliden Eindruck. Auch die Schriftzüge sind laser graviert, was sich sehr positiv auf die Optik und Haptik auswirkt. Der Fokusring läuft dermaßen butterweich, dass man sich fragt wie das überhaupt möglich ist. Die Gegenlichtblende ist innen mit Samt ausgekleidet, um Reflektionen zu mindern und um, wie es scheint, Fusseln anzuziehen.

Der erste Eindruck des Sigma 60 mm f/2.8 ist hingegen irgendwie “billig”. Das Objektiv ist zum größten Teil aus Plastik gefertigt. Das Bajonett und der Fokusring sind jedoch aus Metall. Ist die Kamera ausgeschaltet, klackert das Objektiv. Das erweckt im ersten Moment den Eindruck, dass es kaputt ist. Der Grund dafür ist eine Linse, die erst durch das Einschalten der Kamera stabilisiert wird. Hört sich nach Bildstabilisator an? Nein, leider nicht … aber es wäre schön gewesen. Auf jeden Fall erinnere ich mich noch gut an den Moment, als ich das Objektiv ausgepackt habe und es mich mit diesem Klackern begrüßt hat, was mich dazu veranlasste Google zu fragen, ob ich besser schon einmal den Retourenschein ausfülle. Zum Glück war ich mit dem “Problem” in guter Gesellschaft.

Olympus OM-D E-M5 + Sigma 60mm f/2.8 DN  |  f/2.8, 1/125 Sek., ISO 500

Handling

Der Fokusring

Natürlich haben wir beide Objektive seit einiger Zeit im Einsatz und konnten uns ein Bild davon machen, wie es ist, mit ihnen zu arbeiten.

Wer gerne manuell fokussiert, bekommt mit dem Olympus einen geriffelten Fokusring aus Metall. Beim Sigma hat der Fokusring leider gar keine Riffelung, was zwar designtechnisch ein Pluspunkt ist, aber das manuelle Fokussieren schwieriger macht. Besonders, wenn man gerade in den Genuss von Fingerfood kam.

Beide Objektive fokussieren über “focus by wire”, also voll elektronisch ohne haptisches Feedback. Geschmackssache …

Panasonic Lumix GH3 + Olympus 75mm f/1.8  |  f/1.8, 1/640 Sek., ISO 200

Größe und Gewicht

Das Sigma ist deutlich leichter (185 g) als das Olympus (305 g ohne Gegenlichtblende). Wer gerne leicht unterwegs ist, tut sich mit dem Olympus wortwörtlich schwer.

Wenn dann noch eine kleine Kamera wie die Panasonic Lumix GM1 im Einsatz ist, hat der Spaß schnell ein Ende. Die Kombination aus Olympus 75 mm f/1.8 + Gegenlichtblende und GM1 ist EXTREM unhandlich und sorgt dafür, dass man schon mal seltsame Blicke zugeworfen bekommt.

Die Gegenlichtblende des Sigma ist aus Plastik und wesentlich kompakter. Auch macht die Befestigung der Sigma Blende einen vertrauenerweckenderen Eindruck als die Schraubklemmung der Olympus Blende (obwohl sie auf Holz klopf noch nie versagt hat!).

Olympus OM-D E-M5 + Sigma 60mm f/2.8 DN  |  f/7.1, 1/125 Sek., ISO 200

Die Naheinstellgrenze

Wer gerne nah an sein Objekt herangeht, wird seine Freude an dem geringeren Mindestabstand von 50 cm beim Sigma 60 mm f/2.8 DN haben. Beim Olympus müssen schon 84 cm Abstand gehalten werden. Trotzdem kann man hier nicht von Makro-Fertigkeiten sprechen. Mit dem Olympus muss man einfach noch einen halben Schritt zurück machen. Manchmal ist der halbe Schritt aber ein halber Schritt zu viel, weil der Platz nach hinten beschränkt ist und man sich nicht gerne mit der gesamten Fotoausrüstung in den Bach oder auf die Straße wirft.

Panasonic Lumix GH3 + Olympus 75mm f/1.8  |  f/1.8, 1/1000 Sek., ISO 200

Der Autofokus

Gewohnt schnell und treffsicher bei beiden Objektiven. Das Sigma hat eventuell die Nase etwas vorne, aber beide Objektive sind ausreichend schnell und bieten keinen Grund zur Kritik (getestet an Olympus OM-D E-M5, Panasonic Lumix GM1 und GH3).

Laut Sigma besitzt das 60 mm f/2.8 DN einen linearen AF-Motor, der besonders beim Filmen durch seine Lautlosigkeit überzeugen soll. Da wir nicht viel Filmen überlassen wir das Urteil darüber denjenigen, die sich damit auskennen und glauben Sigma. Das Olympus fokussiert aber auch SEHR leise.

Olympus OM-D E-M5 + Sigma 60mm f/2.8 DN  |  f/8.0, 1/125 Sek., ISO 400

Bildqualität

Bei Offenblende

Bei Offenblende hat das Sigma leicht die Nase vorn. Grund dafür: die eher mäßige Offenblende von f/2.8 ermöglicht ein kompromissloseres/einfacheres Objektivdesign.

Man muss aber dazu sagen, dass das Olympus bei f/1.8 nicht unscharf abbildet. Es liefert nur nicht die knackige Schärfe und den hohen Kontrast des Sigma.

Im 100 % Crop sieht man zusätzlich, wie das Olympus zu chromatischen Aberrationen in den Wassertropfen neigt. Das Sigma ist hier deutlich weniger anfällig.

Vignettierung ist bei beiden Objektiven generell kein Problem. Hier der 100 % Crop:

links Sigma 60mm f/2.8 DN | rechts Olympus 75mm f/1.8 (Fokus beim Olympus leicht weiter hinten)

Bokeh

Keine Frage, hier muss sich das Sigma dem lichtstärkeren Olympus geschlagen geben.

Bei Blende 1.8 bringt das Olympus so ziemlich jeden Hintergrund zur Strecke und es gehört viel dazu, damit das Bokeh mal etwas unruhig wird. Freistellen ist auch auf großen Distanzen kein Problem.

Das Sigma Bokeh wirkt unruhiger, was auch daran liegt, dass sich das Sigma mit zunehmender Distanz zum Objekt schwertut, das selbige freizustellen.

Wer auf Bokeh steht und gerne Objekte freistellt: Das Olympus ist die erste Wahl.

Panasonic Lumix GH3 + Olympus 75mm f/1.8  |  f/1.8, 1/2000 Sek., ISO 200

Schärfe abgeblendet

Abgeblendet gleichen sich die beiden Objektive wie ein Ei dem anderen. Es lässt sich absolut kein Unterschied erkennen. Schön ist auch, dass die Schärfe über das gesamte Bildfeld erhalten bleibt.

Vermutlich könnten beide Objektive noch eine sehr viel höhere Auflösung abdecken, als die hier verwendete Olympus OM-D E-M5 bieten kann (100 % Crop):

links Sigma 60mm f/2.8 DN | rechts Olympus 75mm f/1.8

Fazit

Zuerst sollte man sich die Frage stellen, ob man mit gutem Gewissen und ohne mit der Wimper zu zucken 1.000 € für ein Objektiv auf den Tisch legen kann und will. Beantwortet man diese Frage mit einem deutlichen “Nein”, hat sich alles Weitere bereits erledigt.

Nüchtern betrachtet bietet das Sigma eine bessere Offenblendleistung (bei geringerer Lichtstärke und damit einfacheren Bedingungen), weniger chromatische Aberrationen bei Offenblende und die gleiche grandiose Schärfe. Dazu kommt noch, dass das Sigma kleiner, handlicher und leichter ist. Ein Vorteil, der gerade bei kleineren Micro Four Thirds Gehäusen nicht ohne ist. Die Brennweite von umgerechnet 120 mm ist praktischer als die 150 mm des Olympus, die teilweise einen Tick zu lang sind und man bekommt beim Kauf des Objektivs das volle Zubehörpaket mitgeliefert. Sozusagen ein Rundum-sorglos-Paket.

Stellt sich die Frage: für wen lohnt sich das Olympus überhaupt noch, wenn das Sigma so gut ist?

Kurz gesagt: für alle, die maximale Freistellung, ein wunderschönes Bokeh und top Verarbeitung haben wollen.

Das Olympus 75 mm f/1.8 bietet für das fünffache des Preises definitiv nicht das fünffache an optischen Leistungen und die Bilder werden nicht automatisch fünffach “besser”. Was das Olympus bietet, ist in manchen Situationen das gewisse Extra. Den gewissen Kick, der mit der höheren Lichtstärke einhergeht.

Wer keine Blende 1.8 braucht und kein großes, schweres Objektiv herumschleppen möchte, wird mit dem Sigma definitiv glücklich. Das gesparte Geld kann in weitere Objektive oder anderes Zubehör wie Filter investiert werden.

Deshalb ist das Sigma 60 mm f/2.8 DN auch unser Preis-Leistungs-Sieger!

Olympus OM-D E-M5 + Sigma 60mm f/2.8 DN  |  f/8.0, 1/125 Sek., ISO 800

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