Darf’s etwas weniger sein? (Canon EOS M10)

02.04.2018

In den letzten Monaten hatte ich viele „Flaggschiffe“ in der Hand. Kameras, die praktisch alles können. Die E-M1 Mark II mit 60 Bildern pro Sekunde in voller Auflösung, die mittlerweile alte EOS 1D Mark III und das alte Arbeitstier Nikon D3, die gebaut sind, um den schlimmsten Bedingungen standzuhalten, auf die man in der Natur treffen kann. Eine Sigma SD Quattro, die, übertrieben gesagt, einfach nur ein umständlicher Brocken ist und zuletzt eine Canon 5Ds R, die am liebsten auf dem Stativ steht. Da tut eine kurze Pause für Kopf und Rücken ganz gut.


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Sich in die Bedienkonzepte der verschiedenen Kameras einzudenken und die teilweisen schweren Gehäuse und Objektive durch die Gegend zu tragen, schlaucht manchmal schon ganz schön. Das hat mich irgendwie auch zu der Frage geführt, ob man das alles braucht. Klar gibt es Fotografen, welche das jederzeit mit Ja beantworten würden und dafür sicherlich die richtigen Gründe haben, aber brauche ich so viele Funktionen persönlich auch? Das Wichtigste an einer Kamera für mich ist das Bedienkonzept, das möglichst einfach sollte, ohne für mich wichtige Punkte zu unterschlagen und die manuellen Einstellmöglichkeiten. Wenn eine Kamera einen voll manuellen Modus und einen Modus für die Blendenpriorität hat, bin ich praktisch schon zufrieden. Und natürlich darf man auch die Objektive nicht vergessen. Objektive sind entscheidender als Kameras!

Natürlich gibt es noch mehr Faktoren, die eine Kamera für mich zu einer „guten“ Kamera machen, aber im Wesentlichen sind das Punkte, auf die es für mich ankommt. Ich brauche keine 60 Bilder die Sekunde, 4K Video, 200 Phasen-AF Punkte oder einen kompletten Wetterschutz um auch bei Starkregen fotografieren zu können. Zum Thema Wetterschutz, denke ich auch, dass das Thema etwas überbewertet wird. Bis jetzt war ich noch nie in der Situation, dass ich bei heftigem Regen unbedingt ein Bild machen wollte und selbst wenn es etwas regnete, hab ich eben ein Bild gemacht. Die Kamera hört nicht direkt auf zu funktionieren, wenn sie mal einen Tropfen Wasser abbekommt. Die Technik hält oftmals mehr aus als man denkt und oft ist es doch so, dass man die besten Bilder macht, wenn man sich nicht um die Technik, sondern um das Motiv, das Licht und die Nachbearbeitung kümmert. Oder habt ihr schon einmal ein Bild gemacht und wart am Ende stolz auf die Kamera? Das ist wie die Sache mit dem Koch und den Töpfen, aber das geht hier zu weit.

Auf der Suche nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis

Kommen wir also zurück zum Thema. Wie viel Kamera muss es denn für mich sein? Um das herauszufinden, musste ich erstmal eine der am einfachsten gestrickten Kameras auf dem Markt finden, die mich nicht einschränkt. Also möglichst großer Sensor, Objektivauswahl, manuelle Einstellmöglichkeiten und am besten noch spiegellos. Was mir auf der Suche über den Weg lief, war die EOS M10. Preislich liegt das Gehäuse bei ungefähr 250 €. Zusammengefasst ist sie eine EOS M1 in neuem Design, mit WLAN und ein paar Einsparungen beim Gehäuse, wodurch z.B. der Blitzschuh weggefallen ist und ein interner Blitz Einzug gehalten hat. Zusätzlich hat sie noch einen Klappbildschirm mit Touch bekommen. Verbaut ist der 18 Megapixel Brot und Butter Sensor von Canon. Ein Sensor so unauffällig, dass er jahrelang bei Canon ohne große Weiterentwicklung verwendet wurde. Technisch gesehen kein Wunderwerk und auch der Dynamikbereich lässt zu wünschen übrig. Zusammengefasst: An der M10 ist absolut nichts zu finden, was eine seriöse Webseite im Jahr 2018 loben würde. Willkommen auf einer unseriösen Webseite.

Canon EOS M10 + Canon EF 35mm f/2 IS USM || f/2.0, 1/250 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Das Schöne an der M10 ist, dass sie, meiner Meinung nach als letzte EOS M, das klassische M-Feeling hat. Der trotzige Charme von „Wir sind Canon und wir können auch eine spiegellose Kamera bauen!“ liegt ihr genau so im Blut wie ihrer älteren Schwester, der klassischen M. Die M3 ist schon etwas fortschrittlicher unterwegs, obwohl sie praktisch aus der gleichen Zeit wie die M10 stammt. Die M10 erinnert mehr an eine Kamera im Bauhaus Stil. Schnörkellos und funktional. Teilweise wurde bei der M10 mehr mitgedacht, als bei wesentlich teureren Kameras, aber dazu später mehr.

Noch ein kurzer Ausflug in die Vergangenheit: Ich hatte kurz die EOS M5 in der Hand und wurde mit ihr überhaupt nicht warm. Für den Preis von knapp 1.100 €, habe ich eine bessere Verarbeitung erwartet und einen riesigen Sprung in Sachen Bildqualität im Vergleich zur M3, konnte ich auch nicht feststellen. Am Ende hat mich das knarzende Plastikgehäuse nur noch genervt. Selbst die M10 für ein Viertel des Preises ist besser verarbeitet. Schade eigentlich, denn ich hatte große Erwartungen in die M5.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass es mehr auf das Objektiv ankommt, als auf die Kamera. Nur mit dem EOS M10 Gehäuse alleine, lässt sich also nicht viel anfangen. Da die Auswahl an nativen EOS M Objektiven sehr gering ausfällt, halte ich eine Adapterlösung für am sinnvollsten. Adapter zu EF von Drittanbietern gibt es schon für 30 €. Damit sind wir aktuell insgesamt bei 280 €.

Jetzt fehlt natürlich noch das Objektiv. Am besten auch ohne viel Schnickschnack, Festbrennweite und so lichtstark wie möglich, ohne teuer zu sein. Praktischerweise hat Canon dafür das EF 50 mm f/1.8 STM im Angebot, das ich schon zu Hause habe. Das kostet sonst auch nochmal 110 € und wir sind dann bei 390 €. Der Einfachheit halber sagen wir mal 400 €. Wer genauer sucht, findet auf jeden Fall noch günstigere Preise.

Das Einzige, was bei Canon an diesen Preis herankommt, wäre die 1300D mit dem 50 mm f/1.8 STM (ca. 410 €). Was mich von der 1300D abhält, sind allerdings Gründe wie:

  • Ich mag keinen Phasen-AF, weil er mir einfach zu ungenau ist und immer in den Live View schalten zu müssen ist auf Dauer nervig
  • Verarbeitungsqualität ist bei der M10 besser
  • Die M10 ist kleiner
  • Die 1300D besitzt den gleichen Bildsensor wie die M10

Hört sich also so an, als hätten wir mit der M10 und dem 50 mm f/1.8 STM einen guten Fang gemacht.

Verarbeitung und Ergonomie

Für den Preis kann man kein super Magnesiumgehäuse erwarten, aber man bekommt stabiles und wertiges Plastik. Die Materialien fassen sich genau so an, wie bei der M3. Das Plastik hat eine feine Struktur, was es haptisch wesentlich angenehmer macht, als ein glattes Material und zudem wertiger aussieht. Das Gewicht fällt eigentlich genau so aus, wie man es anhand der äußeren Abmessungen erwartet. Nicht zu schwer und nicht zu leicht.

Die Oberseite mit Moduswahl, Auslöser und Einstellrad

Die Oberseite ist etwas glänzender gehalten, aber wirkt trotzdem noch leicht mattiert. Die Bedienelemente auf der Oberseite wirken wertig verarbeitet und fühlen sich, obwohl nicht aus Metall, gut an. Das Drehen des Einstellrades wird zudem durch ein dumpfes Klicken untermalt. Auf der Oberseite gibt es einen Drehknopf, mit dem zwischen den Modi für Video, Standbild und Automatik umgeschaltet werden kann. Diese Funktionen waren bei der M Klassik noch auf dem Einstellrad untergebracht, was leider ein großer Nachteil an diesem Gehäuse war. Andauernd hat es sich verstellt und wenn man die Bedienung anderer Kameras gewohnt ist, verstellt man das Rad aus der Gewohnheit heraus, weil man erwartet dort Blende oder Verschlusszeit ändern zu können. Das neue Wahlrad ist wesentlich schwerer zu drehen und das Einstellrad für den Zeigefinger hat endlich seine gewohnte Funktion zurück. Canon hat anscheinend dazugelernt. Die wichtigste Funktion übernimmt aber der Knopf in der Mitte des neuen Einstellrads. Dort wird die Kamera ein- und ausgeschaltet, was leider nicht im ersten Moment ersichtlich ist. Vielleicht ist die Positionierung der ON/OFF LED von Canon als Hinweis gedacht, denn sie befindet sich direkt unter dem Wahlrad und verrichtet ihre Aufgabe ohne groß aufzufallen. Beim Einschalten blinkt sie kurz ein paar Mal und dann geht sie direkt wieder aus. Schaltet die Kamera den Monitor aus (lässt sich im Menü einstellen), leuchtet die LED dauerhaft, um zu signalisieren, dass die Kamera noch an ist. Im Betrieb kommt sie aber ohne Lightshow aus.

Der interne Blitz passt sich gut dem Gehäuse an und es keine großartig überstehenden Ecken und riesigen Spaltmaße. Durch einen kleinen Schalter an der Gehäuseseite, klappt er aus und lässt sich danach noch mit dem Finger nach oben oder unten bewegen, um wenigstens etwas Einfluss auf die Lichtrichtung zu haben. Hat man den Gurt am Gehäuse angebracht, ist der Schalter jedoch etwas fummelig zu erreichen, da der Gurt manchmal im Weg ist. Wenigstens wird er nicht versehentlich ausgeklappt.

Abdeckungen der Anschlüsse und Blitzhebel

Ebenfalls auf der linken Seite befinden sich die Anschlüsse für USB, HDMI und der Einschub für die Speicherkarte.

An der rechten Seite befindet sich ein Knopf, um die Kamera schnell in den WLAN-Modus zu bringen und ein ominöses Gewinde, das auf den ersten Blick wenig Sinn zu ergeben scheint. Dort kann man bei Canon für teures Geld einen kleinen Griff kaufen, der angeschraubt wird. Die Produktbezeichnung lautet Canon GR-E3 und er kostet im Canon Shop 42 €. Ihn sonst irgendwo im Angebot zu finden, ist fast unmöglich. Zumindest nicht günstiger.

WLAN-Knopf und das ominöse Gewinde

Die restlichen Bedienelemente der M10 befinden sich auf der Rückseite. Wobei das größte und wichtigste Bedienelement der klappbare Touchscreen ist. Die Touch-Funktion funktioniert, wie bei Canon üblich, ohne Probleme und fühlt sich genau so an wie bei jedem Smartphone. Praktisch jeder Wisch und jedes Drücken wird problemlos erkannt. Die Qualität des Displays ist gut. Sicherlich gibt es bei Canon mittlerweile auch bessere Displays (die EOS 5Ds R macht hier z.B. einen noch besseren Eindruck), aber das ist keinesfalls schlecht zu verstehen. Es kann locker mit allen aktuellen Displays, sowohl in Auflösung, als auch in der Farbqualität mithalten. Auch die Blickwinkelstabilität ist bemerkenswert. Da hätte man sich die Klappfunktion fast schon sparen können.

Der Bildschirm macht einen guten Eindruck und die Knöpfe sind ausreichend groß

Nichtsdestotrotz wurde sie natürlich mit eingebaut. Liest sich heute auch einfach besser, wenn man sich die technischen Daten anschaut. Es handelt sich um einen Mechanismus, bei dem das Display nach oben geklappt werden kann, um z.B. ein Selfie von sich zu machen, oder sich selbst zu filmen. Stichwort Vlog. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass Canon mit der Kamera eine Vlog-Kamera bauen wollte. Dafür fehlt jedenfalls der Mikrofon-Anschluss. Aber auch für Aufnahmen aus der Froschperspektive und Makros ist das Display hilfreich. Scheitern wird man aber bei dem Versuch über die Köpfe einer Menschenmenge zu fotografieren. Da muss man blind draufhalten.

Positiv finde ich auch, dass man keine Kabel sieht, wenn man den Bildschirm nach oben klappt. Mittlerweile hat man sich an den Anblick von freiliegenden Flachbandkabeln fast schon gewöhnt, aber die Lösung von Canon wirkt stabiler und aufgeräumter. Ich vermute, die Kabel wurden durch das Scharnier geführt, wie es bei Laptops üblich ist.

Im hochgeklappten Zustand sind keine Kabel zu sehen

Im hochgeklappten Zustand sind die Klappen für USB, HDMI und Speicherkarte noch besser zu erreichen. Besonders hilfreich für Menschen, die nur sehr kurze oder fragile Fingernägel haben.

Die wenigen Knöpfe auf der Rückseite dienen zum Aufruf des Menüs und zum Anschauen der Bilder, sowie die übliche 4-Wege-Steuerung für Belichtungskorrektur, AE/AF Speicher usw. Es gibt zusätzlich ein Quick Menü, das über die mittlere SET-Taste aufgerufen werden kann.

Im Großen und Ganzen ergänzen sich die Knöpfe sehr gut mit der Tocuhbedienung. Meistens kann man sich auch entscheiden, ob man lieber den Touchscreen, oder die Hardware Bedienelemente benutzen möchte.

Als letztes Schmankerl befindet sich eine gummierte Fläche und eine Erhebung auf der Rückseite, die dem Daumen beim Fotografieren Halt gibt und auch dringend benötigt wird, damit das kleine Gehäuse sicher in der Hand liegt. Damit ist das aber kein Problem mehr.

Generell kann man sagen, dass die M10 für ihre Größe sehr gut in der Hand liegt, wenn man keine riesigen Hände hat. Grund zum Meckern gibt es höchstens an der Größe der 4-Wege-Bedienung, die teilweise etwas fummelig ist, wenn man schnell etwas verstellen will, aber dafür gibt es ja den Touchscreen. Der Menü- und Wiedergabeknopf sind dafür aber ausreichend groß ausgefallen. Mehr Platz war eben einfach nicht vorhanden.

Stativgewinde und Akkudeckel

Auf der Unterseite befindet sich die Klappe, um den Akku zu tauschen und das Stativgewinde, das in der optischen Achse sitzt. Da die Kamera aber einfach sehr klein ist, kann man den Akku nicht tauschen, wenn die Kamera auf dem Stativ sitzt. Das sollte aber eigentlich kein Problem sein. An die Speicherkarte kommt man, auch auf dem Stativ, einfach über die Seite heran und selbst der Monitor lässt sich, durch eine entsprechende Vertiefung auf der linken Seite, auch auf dem Stativ nach oben klappen. Besser hätte man das nicht lösen können.

Als Akku kommt übrigens der LP-E12 zum Einsatz. Ein Akku für den es auf dem Markt mehr Nachbauten als Originale gibt und der nicht, wie der LP-E17 der M3, komplett verschlüsselt ist. Somit steht dem sorgenfreien Verwenden von anderen Akkus nichts im Wege.

Canon EOS M10 + Canon EF 35mm f/2 IS USM || f/2.0, 1/60 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Praxiserfahrungen

Wenn man mit einer EOS M10 loszieht, ist das Gefühl ein ganz anderes, als ich es mit anderen Kameras habe. Das ist vor allem meiner Vergangenheit mit der ersten EOS M geschuldet. Leica Fotografen sagen gerne „die M entschleunigt“. Sie meinen in diesem Fall zwar eine andere, wesentlich teurere M, aber die Aussage könnte wahrer nicht sein. Der Autofokus der M10 ist ok. Das ist aber auch alles, was man über ihn sagen kann. Objekte per Tracking verfolgen? Besser ein anderes Mal. Die Größe des Fokusfeldes verändern? Heute mal nicht.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/1.8, 1/400 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Sobald man den Auslöser betätigt, spürt man, wie die Kamera anfängt zu arbeiten. Die Linsen des Objektivs werden hin und her bewegt, die Kamera ist mit der Schärfe unzufrieden und es folgt das gleiche Spiel wieder von neuem. Dann schießt sie über das Schärfemaximum hinaus, fokussiert wieder zurück, Mist zu weit, wieder nach vorne. Irgendwann hat sie es dann mal geschafft und das gewünschte Objekt ist scharfgestellt. Das mag etwas übertrieben dargestellt sein, aber wenn es doch mal etwas schneller gehen muss, fühlt es sich genau so an. Das größte Problem ist allerdings nicht die Geschwindigkeit des Fokussystems, sondern die Tatsache, dass man die Größe des Fokusfeldes nicht anpassen kann. Man ist also gezwungen, das gewünschte Objekt in das 6 × 8 mm große Feld auf dem Display zu platzieren, oder alternativ zu beten, dass die Kamera den Inhalt dieses Feldes wie gewünscht interpretiert. Das muss heute wirklich nicht mehr sein und ich hätte mir gewünscht, dass Canon seit der M1 dazugelernt hat. Ein in der Größe anpassbares Fokusfeld ist kein Hexenwerk.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/1.8, 1/1250 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Wenn man den Auslöser durchdrückt, sind die Sorgen der vergangenen Sekunde jedoch schnell vergessen. Man wird mit einem Geräusch belohnt, das ich als eines der schönsten Auslösegeräusche empfinde. Andere empfinden es als billig und meinen es hört sich nach Plastik an. Irgendwie schon wahr, aber es ist trotzdem sehr angenehm!

Das Moduswahlrad auf der Oberseite, verstellt sich leider ab und an, wenn man die Kamera unsanft in eine Tasche stopft. Das führt dazu, dass man manchmal im Automatikmodus festhängt und erst kurz das Rad wieder in seine richtige Position bringen muss. Blöderweise ist die „richtige“ Position in diesem Fall die „mittlere“ Position. Diese ist blind schwieriger zu erreichen als, wenn man das Rad einfach bis zum Anschlag in eine Richtung drücken könnte. Es passiert aber wirklich nicht häufig und nach einiger Zeit hat man sich daran gewöhnt, dass das passieren kann und kann schnell Abhilfe schaffen.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/1.8, 1/1000 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Da die M10 über keinen elektronischen Sucher verfügt, ist man auch im grellen Sonnenlicht auf das Display angewiesen. Das funktioniert aber in der Regel ganz hervorragend und ist hell genug für die meisten Situationen. Bei manchen elektronischen Suchern ist es schwieriger zu fotografieren, weil Streiflicht von der Seite in den schlecht abgeschirmten Sucher fällt, als es hier über das Display ist.

Die Kommunikation zwischen Smartphone (iPhone 7 Plus, iOS 11) und Kamera über WLAN und die Canon App funktioniert exzellent und macht keine Probleme.

Wenn man eine Funktion im Menü sucht, wird man in der Regel schnell fündig. Das Canon Menü ist sehr übersichtlich und da die M10 sowieso wenige spezielle Funktionen hat, hält sich die Auswahl der Menüpunkte in Grenzen. Trotzdem wäre es schön gewesen, wenn Canon ein Custom Menü eingebaut hätte, über das man noch schneller Zugriff zu oft verwendeten Funktionen hätte. Dort lege ich normalerweise gerne Menüpunkte wie „Speicherkarte formatieren“ ab.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/1.8, 1/1000 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Der Wechsel zwischen den P, Av, Tv und M Modi funktioniert über den Touchscreen teilweise schneller, als es bei Kamers mit einem Drehrad funktioniert. Zusätzlich erkennt man in jedem Modus, welche Einstellung gerade mit dem Einstellrad vorgenommen werden kann. Vor dieser befindet sich dann ein grünes, halbes Rad. Den Rest macht man dann einfach mit dem Touchscreen. Das hört sich langsam und kompliziert an, aber nach ein paar Stunden hat man den Dreh, oder besser gesagt den Touch, raus und fragt sich, warum das nicht bei jeder Kamera so funktionieren kann.

Trotz des langsamen Autofokus ist die M10 keine langsame Kamera. Sämtliche Einstellungen lassen sich schnell vornehmen und selbst die Animationen, wenn Menüs ein- und ausgeblendet werden, laufen flüssig ab. Steckt man mal in irgendeinem Menü und muss schnell wieder ein Bild machen, bringt ein Antippen des Auslösers sofort wieder das Live Bild in den Vordergrund.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/8.0, 1/250 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Mit großen Objektiven werden kleine Kameras oft unhandlich. Das ist auch bei M10 mit adaptieren EF-Objektiven nicht anders, aber über die Jahre habe ich mich daran gewöhnt, meistens eine Hand unter dem Objektiv zu haben. Die M10 hält man dann mehr am Objektiv, als an der Kamera, aber sie wird auch manchmal scherzhaft als Objektivdeckel bezeichnet, also ist das vermutlich legitim. In der Praxis ist das Problem der Unhandlichkeit eher ein ästhetisches, als ein schlimmes Problem. Nur den Platz, den sie in der Kameratasche braucht, kann man nicht wegdiskutieren. Dem M-System mangelt es immer noch an nativen, lichtstarken Festbrennweiten!

Bildqualität

Kurz und knapp kann man sagen: Willkommen im Jahr 2012. Im Vergleich zur EOS M1, hat sich bei der M10 nicht wirklich etwas verändert. Solange man darauf achtet, die Bilder richtig zu belichten und in der Nachbearbeitung die Schatten, so weit wie möglich, in Ruhe lässt. Gibt es keinen Grund zu meckern. Höhere ISOs können andere Kameras besser. Schärfe können andere Kameras auch besser, Dynamik können andere Kameras ebenfalls besser usw. … die Liste lässt sich beliebig weit ergänzen.

Canon EOS M10 + Canon EF 50mm f/1.8 STM || f/1.8, 1/400 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

Trotzdem haben die Bilder die typischen, angenehm warmen und realistischen Canon Farben. Sofern man es in der Nachbearbeitung nicht übertreibt, kann man auch noch viel aus den Bildern herausholen. Übertreibt man es mit dem Aufhellen der Schatten, werden die Bilder aber sehr schnell, sehr magentastichig und zeigen Banding. Einfach draufhalten und alles später am Computer richten, wird mit der M10 in die Hose gehen. Beispiele zum Aufhellen von Schatten, könnt ihr euch gerne im EOS M3 Bericht anschauen. Die M10 ist mit der M gleichzusetzen.

Canon EOS M10 + Canon EF 35mm f/2 IS USM || f/2.0, 1/60 Sek., ISO 100 || Original herunterladen

In Sachen Bildqualität kann sie also nur mit Sympathie punkten. Wer weiß, wie er seine Kamera zu bedienen hat, wird mit der M10 trotzdem ansprechende Bilder produzieren können und im Großen und Ganzen, gibt es an der Bildqualität nichts zu meckern. Störende Bildfehler, wie ich sie schon bei anderen Kameras gesehen habe, sind der M10 fremd.

Fazit

Zurück zur Frage: Wie viel Kamera braucht man wirklich? Wenn man ehrlich ist, profiliert man sich oft genug durch seine Kamera. „Schaut her, ich habe die neue XY von Z!“. Und was bringt uns das unterm Strich? Allerhöchstens Motivation, aus der vorhandenen Technik das Beste zu machen. Manchmal macht einem die Technik das Leben einfacher, aber mir geht es oft so, dass ich nach einer Zeit mit einem der genannten Flaggschiffe, gerne mal wieder „einfach nur fotografieren“ möchte. Technisch bietet die M10 alles, was man dafür braucht. Manuelle Einstellmöglichkeiten sind das A und O. Man kann sämtliche Canon Objektive an ihr adaptieren und wenn einem das zu langweilig ist, steht einem die Welt des adaptierten „Altglas“ offen.

Technisch haut sie niemandem vom Hocker und trotzdem ist sie eine ziemlich durchdachte, kleine Kamera, die mich in vielen Punkten überzeugt hat. Wenn ich Neueinsteiger in die Fotografie wäre, würde ich sehr viel lieber zu einer EOS M10 greifen und die DSLRs von Canon links liegen lassen. Für den Einstieg ist man nicht mit übermäßig vielen Funktionen überfordert und wesentlich flexibler unterwegs, als mit einer DSLR.

Ich möchte eine Lanze für die EOS M Serie brechen, die meiner Meinung nach begründet als rückständig eingestuft wird, aber trotzdem in vielen Bereichen sehr sympathisch ist. Und am Ende des Tages zieht man doch lieber mit einer Kamera durch die Gegend, die Spaß macht, oder?

Kategorien: Erfahrungsberichte, Kameras, Canon